Mittelohr

Schwerhörigkeit bei intaktem Trommelfell und ihre operative Behandlung

Bei intaktem Trommelfell kann man nicht in das Mittelohr hineinsehen. Auch die heutige moderne Röntgendiagnostik (CT, MRT) ist noch nicht in der Lage, die winzigen Strukturen des Mittelohres exakt genug darzustellen. Vor allem die mikroskopisch kleinen Schwingungsbewegungen der Gehörknöchelchenkette sind nicht zu beurteilen. So bleibt es der Erfahrung des Arztes und Operateurs überlassen, entsprechend der Befunde die (Verdachts-) Diagnose zu stellen und zu erläutern.

Bis auf sehr seltene Ausnahmen hat sich das endaurale Vorgehen in LA bewährt. Dadurch ist gewährleistet, dass während der Operation möglicherweise auftretender Schwindel sofort bemerkt wird. Auch kann am Ende der Operation das Hörvermögen überprüft werden.

Unklare Schwerhörigkeit

Unklare Schwerhörigkeit In den meisten Fällen ist durch die Diagnostik (mikroskopischer Ohrbefund, Audiogramm u.a.) keine klare Aussage über die Ursache für die Schwerhörigkeit zu machen, da wir ja nicht hinter das Trommelfell in das Mittelohr sehen können. Vor allem nach Voroperationen, ist es oft nur möglich, Vermutungen über die Ursachen der Schwerhörigkeit zu äußern. Wir empfehlen besonders dann eine Operation, wenn eine deutliche Schallleitungsschwerhörigkeit besteht.

Bei einigen Befunden kommt es vor, dass wir keine Hörverbesserung erzielen können. Bei aller verständlichen Enttäuschung des Patienten gibt es auch eine positive Seite: es ist Klarheit gewonnnen worden. Der Patient weiß nun, dass er nichts unversucht gelassen hat und er nichts verpasst hat. Möglicherweise ist ein Hörgerät eine sinnvolle Alternative.

Info: Wann Operationen bei intaktem Trommelfell?

  • Schwerhörigkeit unklarer Ursache
  • Verdacht auf Ruptur der runden Fenstermembran z. B. Hörsturz, Drehschwindel
  • Otosklerose

Operation: Tympanotomie

(Probeeröffnung des Mittelohres)

Dieser Eingriff soll die genaue Ursache der Schwerhörigkeit erkennen lassen (diagnostische Maßnahme). Finden sich dabei Veränderungen, bei denen durch eine operative Maßnahme eine Gehörverbesserung erwartet werden kann, so wird diese gleichzeitig durchgeführt.

Ruptur der Membran des runden Fensters

Bei einem akutem Hörsturz mit entsprechender Innenohrschwerhörigkeit, möglicherweise verbunden mit Tinnitus und besonders bei gleichzeitigem Drehschwindel kann die runde Fenstermembran zerrissen sein. Sie ist die Ausgleichsmembran für die Flüssigkeitsbewegungen des Innenohres, die durch die Steigbügelbewegungen erzeugt werden.

Bei einem Hörsturz wird zunächst eine ambulante konservative Behandlung (Tabletten, evtl. Infusionen) durchgeführt. Falls die Innenohrleistung innerhalb weniger Tage keine Besserung zeigt oder sogar trotz dieser Therapie eine Verschlechterung festzustellen ist, kann eine Operation eine hilfreiche Alternative darstellen.

Die statistische Auswertung unserer langjährigen Erfahrungen zeigt Folgendes:

  • bei einem Drittel der Patienten kann keine Verbesserung der Beschwerden erzielt werden.
  • bei einem Drittel der Patienten wird ein teilweiser Erfolg erreicht, d. h. das Gehör wird etwas besser, aber nicht normal; der Tinnitus wird weniger, zumindest erträglich, ebenso der Schwindel.
  • bei einem Drittel der Patienten tritt durch diese Behandlung eine Normalisierung mit weitgehendem Rückgang der Beschwerden ein.

Im Vergleich zu allen anderen operativen Ohreingriffen ist dieses Ergebnis nicht gut. Die Erklärung kann darin liegen, dass bei dieser Erkrankung das Innenohr beteiligt ist. Uns stehen heute noch keine ausreichenden Möglichkeiten einer effizienteren Diagnostik eines Hörsturzes oder eine zufriedenstellende kausale Behandlung zur Verfügung, d. h. die eigentlichen Ursachen des Hörsturzes oder sonstiger Innenohrerkrankungen sind uns nicht bekannt und daher auch nicht immer wirksam behandelbar.

Ursache für die genannten Beschwerden können eine Zerreißung oder Undichtigkeit des Innenohres mit Austritt von Innenohrflüssigkeit durch das runde Fenster oder selten auch durch die ovale Nische (abgedeckt durch die Steigbügelfußplatte) sein.

Operation: Diagnostische Tympanotomie mit Abdeckung der runden Fenstermembran

Diese Operation wird in LA und endaural durchgeführt und dauert nur etwa 15 Minuten.

Die Membran des runden Fensters wird kontrolliert. Falls sie zerrissen ist, lässt sich der Austritt von Innenohrflüssigkeit erkennen. In manchen Fällen ist auch eine narbige Membranabdeckung als Zeichen einer Spontanheilung nach Zerreißung in der Vergangenheit zu erkennen. In jedem Fall wird die runde Nische, in der sich die Membran befindet, mit winzigen Bindegewebestückchen aus dem en-Hautschnitt abgedeckt. Gleichzeitig wird die Steigbügelfußplatte kontrolliert, um auch hier mögliche Undichtigkeiten zum Innenohr abzudecken.

Otosklerose

Die Otosklerose ist ein knöcherner Umbauprozess an der Innenohrkapsel. Dadurch kann das elastische Ringband der Steigbügelfußplatte in der ovalen Nische verknöchern und der Steigbügel damit nach und nach zunehmend unbeweglich werden. Die Schallwellen können nicht mehr ausreichend auf die Flüssigkeit des Innenohres übertragen werden: das Resultat ist Schwerhörigkeit.

Bei der Hörprüfung wird meist eine Mittelohr- oder Schallleitungsschwerhörigkeit festgestellt. Im fortgeschrittenen Stadium kann es auch zu einer Schädigung des Innenohres kommen, sodass sich das Bild einer kombinierten Schwerhörigkeit zeigt (siehe Artikel: „Schwerhörigkeit und ihre Ursachen“). In seltenen Fällen kann eine unbehandelte Otosklerose zur vollständigen Ertaubung führen.

Die ersten Zeichen der Krankheit treten in der Regel im Alter von 20 bis 40 Jahren auf. Bei unseren Patienten finden wir oft eine familiäre Häufung. Frauen sind etwa doppelt so häufig wie Männer betroffen. Manchmal wird die Hörverschlechterung beginnend mit einer Schwangerschaft bemerkt. Tritt die Otosklerose im jugendlichen Alter auf, so verläuft sie besonders schnell und führt schon frühzeitig zu einer gleichzeitigen Innenohrschädigung.

Mittelohr, normaler Steigbügel, Schwerhörigkeit bei intaktem Trommelfell und ihre operative Behandlung, Dr. med. Schimanski

normaler Steigbügel

Mittelohr, Steigbügel mit massiver Otosklerose, Schwerhörigkeit bei intaktem Trommelfell und ihre operative Behandlung, Dr. med. Schimanski

Steigbügel mit massiver Otosklerose (Raster-Elektronenmikroskopie)

Als Anfangssymptom wird von den Patienten nicht selten ein Rauschen in den Ohren angegeben. Nach unserer Erfahrung wird dieses Ohrgeräusch (Tinnitus) durch die Operation günstig beeinflusst. Die meisten Patienten verlieren es durch die Operation, bei einem Teil wird es gemildert. Tinnitus ist in der Regel ein subjektives Empfinden. Er ist mit heutigen medizinisch-technischen Methoden objektiv nicht messbar. Vor oder bei der Operation kann also nicht festgestellt werden, bei wem und in welcher Weise das Ohrgeräusch beeinflusst wird.

Grundsätzlich kann bei Vorliegen einer Otosklerose ein Hörgerät nicht empfohlen werden, denn unter dem Tragen eines Hörgerätes schreitet der Otoskleroseprozess unverändert weiter. Über viele Jahre kann so durch gleichzeitige, stetige Innenohrverschlechterung eine Taubheit entstehen, die auch durch eine Operation dann nicht mehr behoben werden kann. Die rechtzeitige Operation ist nach unserer medizinischen Erfahrung der einzig sinnvolle Weg der Behandlung mit einem normalen Heilungsverlauf in 98 % der Fälle.

Hinweis

  • Eine unbehandelte Otosklerose kann zur Taubheit führen.
  • Eine Hörhilfe verhindert nicht die zunehmende Schwerhörigkeit.
  • 98 % aller Fälle haben einen normalen Heilungsverlauf.
  • Eine Prognose bei Tinnitusbeschwerden ist nicht möglich.

Operation: Stapedotomie / Stapedektomie

Der stationäre Aufenthalt beträgt etwa 5 Tage. Da es nach dieser Operation zu Schwindel kommen kann, ist diese Dauer des stationären Aufenthaltes sinnvoll und auch bei subjektivem Wohlbefinden anzuraten.

Die Operation erfolgt mit en-Hautschnitt in LA.

Mittelohr, normaler Steigbügel im Größenvergleich, Dr. med. Schimanski, Mittelohrchirurgie, Lünen-Brambauer

normaler Steigbügel im Größenvergleich mit einer 1-Cent-Münze

Der hintere Teil des Trommelfells wird zusammen mit einer Gehörgangshautmanschette nach vorne gelegt. Auf diese Weise erhält der Operateur unter dem Mikroskop einen Überblick über das Mittelohr. Häufig verdeckt eine kleine Knochenklippe des Gehörgangs den Blick auf den Steigbügel und muss entfernt werden. Zuerst eröffnen wir dann die festsitzende Steigbügelfußplatte, danach können die Schenkel abgeknickt und entfernt werden.

Mittelohr, Das Mittelohr mit einer Steigbügelprothese aus Titan, Dr. med. Schimanski, Mittelohrchirurgie, Lünen-Brambauer

Das Mittelohr mit einer Steigbügelprothese aus Titan

In der Regel wird eine Stapedotomie durchgeführt, d. h. es wird ein kleines Loch mit einem Durchmesser von ca. 0,6 bis 0,8 mm in der Steigbügelfußplatte angelegt. Sollte die anatomische Situation es erfordern, erfolgt eine Teilstapedektomie, d. h. es wird ein Teil der Fußplatte z. B. das hintere Drittel oder die Hälfte entfernt.

Es gibt heute eine Vielzahl von Steigbügelprothese aus unterschiedlichem Material (z.B. Teflon, Titan, Nitinol und Kombinationen dieser Materialien) mit variablem Design (siehe www.bess.de). In der Funktionsweise und in ihrem Hörergebnis nach der Operation unterscheiden sie sich nicht wesentlich. Welche Prothese eingesetzt wird, hängt von der individuellen Erfahrung des Operateurs in der Anwendung der Prothesen ab. Heute kommen bei uns in der Regel Steigbügelprothesen aus Titan zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um ein kolbenartiges Implantat (Piston), welches am Ambossfortsatz fixiert wird. Wir haben in Zusammenarbeit mit der Universität Stuttgart (ITM, Dr. Ing. A. Eiber) und der Medizintechnikfirma Kurz (www.kurzmed.de) dafür eine spezielle CliP-Prothese (Titan „Soft-CliP“) entwickelt.

Info

In den Anfangsjahren der Entwicklung dieser Operationsmethode wurde versucht, Anteile der Steigbügelschenkel wieder zu verwenden. Im Hinblick auf das Dauerergebnis hat sich dies jedoch nicht bewährt.

Mittelohr, Soft-CliP Modell, Dr. med. Schimanski, Mittelohrchirurgie, Lünen-Brambauer

Soft-CliP Modell (Foto: Kurz Medizintechnik, Dusslingen)

Mittelohr, Soft-CliP mit Steigbügelfußplatte, Dr. med. Schimanski, Mittelohrchirurgie, Lünen-Brambauer

Soft-CliP mit Steigbügelfußplatte

Durch das Loch in der Fußplatte besteht nun eine direkte Verbindung zwischen Mittelohr und Innenohr. In diese Öffnung wird das Implantat eingeführt. Rund um das Implantat wird die Öffnung mit winzigen Bindegewebestückchen, die aus dem Hautschnitt entnommen werden, abgedichtet, damit keine Flüssigkeit aus dem Innenohr ins Mittelohr austreten kann.

Die Operation dauert bei normalem Verlauf weniger als 40 Minuten. Am Ende wird das Trommelfell mit der Gehörgangshaut wieder in seine normale Lage zurückgelegt. Das Gehör kann nun sofort – trotz der Schläfrigkeit des Patienten –überprüft werden.

Am Ende der Operation wird der Gehörgang zur besseren Abheilung mit kleinen Silikonstreifen ausgekleidet und mit einem Vaseline-Mullstreifen als Tamponade ausgefüllt. Einen Eindruck, wie eine Steigbügeloperation bei uns im Klinikum Westfalen abläuft, können Sie unter www.youtube.com/watch?v=VVRmo-L3rD0 oder „youtube einfach wieder hören“ erhalten.

Nach der Operation

Nach der Entfernung der Tamponade aus dem Gehörgang in den ersten beiden Tagen nach der Operation empfindet der Patient ein besseres Hören, was aber durch Schwellung und Bildung eines Blutergusses im Mittelohr noch Schwankungen unterworfen ist. Dies ist kein Grund zur Beunruhigung, solange wir aus unserer Erfahrung einen normalen Verlauf bestätigen. Für manche Patienten erscheint das Gehör zunächst unnatürlich und zu laut, vor allem wenn nur eine geringe Schwellung und kaum Blutansammlung im Mittelohr vorhanden sind.

Das Hören wird von manchen Patienten auch als „hallend“ bzw. „hohl“ angegeben, vergleichbar einem „alten Bahnhofslautsprecher“. Ist die Heilung durch Abbau der Schwellung im Gehörgang und des Blutergusses vor allem im Mittelohr nach etwa 6 bis 8 Wochen abgeschlossen, hat sich der Patient normalerweise an das wiedergewonnene Hören gewöhnt.

Durch die bei der Operation notwendige Eröffnung des Innenohrs (und dazu gehört auch das Gleichgewichtsorgan) können nach der Operation für einige Tage Gleichgewichtsstörungen auftreten. Leichter Schwindel z. B. bei plötzlichen Kopfbewegungen kann bis zu drei oder vier Wochen andauern. Wegen der Gefahr des Schwindels sollte sich der Patient in den ersten Wochen nach der Operation ruhig und langsam bewegen und vor allem abrupte Kopfbewegungen vermeiden. Länger dauernde Belastung der Augen (z. B. durch intensives Lesen, Fernsehen, Stricken oder Computerarbeit) kann den Schwindel begünstigen.

Sollte der Schwindel aufgrund individueller Veranlagung oder besonderer Operationsbefunde in den ersten Tagen nach der Operation stärker ausgeprägt sein, werden wir eine entsprechende medikamentöse Therapie, ggf. eine Infusionsbehandlung durchführen.

Grundsätzlich müssen wir darauf hinweisen, dass nach Ausheilung eine Überempfindlichkeit bei zu starker Lärmbelastung entsteht, z. B. bei Konzerten, Feiern oder Musikhören mit Kopfhörern. Das liegt daran, dass der kleinste Muskel im menschlichen Körper, der Steigbügelmuskel, bei dieser Operation durchtrennt werden muss. Damit fehlt der Schutz für das Innenohr, weil der Steigbügelersatz (Piston) nicht mehr durch die reflexartige Anspannung dieses Muskels bei zu großer Lautstärke wie ein gesunder Steigbügel verkantet werden kann.

Wichtig: Nicht so laut!

Generell gilt für alle Menschen, besonders aber für operierte Otosklerosepatienten, dass zur Vermeidung von nicht reparablen Innenohrschäden hohe Lärmpegel vermieden werden sollten. Tragen Sie Ohrstöpsel als Lärmschutz, wenn Sie sich Lärm aussetzen!

Sportarten, die mit starken Druckbelastungen des Mittelohres verbunden sind (z. B. Tauchsport), sind bei geübten, erfahrenen Sportlern auch mit dem eingesetzten Piston möglich. Der einwandfreie Druckausgleich sollte nach einer solchen Operation aber immer besonders kritisch beurteilt werden. Wir raten daher in jedem Fall davon ab, eine solche Sportart als Anfänger zu erlernen, da eine unkontrollierte Druckschwankung im Mittelohr den Piston zu tief in das Innenohr eintauchen lassen kann. Dadurch wird ein erheblicher Drehschwindel provoziert. Beim Tauchen kann das lebensgefährlich sein.

Prognose des Hörergebnisses

Wir können aufgrund unserer Erfahrung nach mehr als fast 3.000 operierten Otosklerosepatienten sagen, dass bei normalem Heilverlauf das Gehör erreicht wird, was der jeweiligen Innenohrleistung entspricht. Wie bereits ausgeführt, kann durch eine Operation nur eine Schallleitungsstörung behoben werden.

Nicht alle Patienten können daher durch die Operation ein optimales Gehör wiedererlangen. Zeigt die Hörprüfung vor der Operation ein normales Hörvermögen des Innenohres, so ist durch die Operation praktisch Normalhörigkeit zu erreichen. Besteht aber z. B. zusätzlich eine mittel- bis hochgradige Einschränkung der Innenohrleistung (kombinierte Schwerhörigkeit), so ist die Operation auch dann als erfolgreich anzusehen, wenn durch die Operation die Schallleitungsstörung aufgehoben wird und der Patient mit einem Hörgerät besser hören kann.

Da es sich bei dieser Operation um einen Eingriff handelt, der allein dem Ziel der Hörverbesserung dient, ist eine nicht ausreichende Verbesserung oder gar Hörverschlechterung nach der Operation für den betroffenen Patienten sehr enttäuschend. Leider ist dieser Verlauf statistisch in etwa 1-2 % der Fälle zu erwarten.

Dies kann der seltene Fall sein, wenn z. B. eine Fistel zum Innenohr entsteht, d. h. die Abdichtung rund um den Piston zum Innenohr nicht normal verheilt. Dann kann, ebenso wie bei einer erneuten Schallleitungsstörung, ein zweiter Eingriff erfolgversprechend sein (siehe „Unklare Schwerhörigkeit“.

In extremen Ausnahmefällen (bei uns unter 0,4 % aller Fälle) ist sogar eine Taubheit aus nicht erkennbaren Gründen innerhalb der ersten Tage oder Wochen nach der Operation möglich (siehe Chancen und Risiken einer Ohroperation im Artikel: „Was muss beachtet werden, wenn der Arzt zu einer Ohroperation rät?“). Ursache dafür können auch für uns nicht erkennbare eventuelle Anomalien im Bereich des Innenohres sein. Auch Unverträglichkeitsreaktionen auf das Prothesenmaterial wird als Ursache diskutiert. Das lässt sich leider bisher nicht zufriedenstellend testen.

Die Operation mit einem CI (Cochlea Implantat) kann in diesen seltenen Fällen eine gewisse Hörfähigkeit wiederherstellen, wie sie vor Jahren noch nicht vorstellbar war.

In aller Regel kann durch die Operation eine vorher fortschreitende Hörverschlechterung gestoppt werden.

Durch die Hörprüfung vor der Operation kann abgeschätzt werden, welches Ergebnis nach der Operation bei normalem Heilverlauf zu erwarten ist:

  • Normales Gehör, bzw. praktisch Normalhörigkeit
  • Eingeschränkte Hörfähigkeit ohne Notwendigkeit einer Hörhilfe (Hörgerät)
  • Hörfähigkeit mit Verwendung einer Hörhilfe
  • Stark eingeschränkte Hörfähigkeit wegen erheblicher Schädigung des Innenohres. Die Operation kann nur als Versuch angesehen werden, das Gehör zu bessern; eine Aussage über das Ergebnis kann vor der Operation nicht getroffen werden.

Es liegt in der Natur der Sache, dass vor der Operation nur eine Prognose anhand der Untersuchungsergebnisse gestellt werden kann. Sie kann keine Garantie für das Ergebnis sein.

Operation des zweiten Ohres

Da für die Otosklerose auch eine genetische Veranlagung verantwortlich sein kann, sind normalerweise beide Ohren betroffen. Oft beginnt die Erkrankung zunächst nur auf einer Seite und im Laufe der Zeit - manchmal erst nach Jahren - wird die andere Seite ebenfalls schwerhörig.

Wenn ein Ohr operiert ist, stellt sich die Frage, ob und wann auch das zweite Ohr operiert werden soll. Bei entsprechender Schallleitungsstörung empfehlen wir die Operation der anderen Seite nach vollständiger Abheilung der ersten Seite. Das ist in der Regel nach frühestens 6 Monaten. Die Entscheidung zur Operation des zweiten Ohres hängt in jedem Fall von der Beurteilung des Hörtests ab.

Ein Problem entsteht, wenn das bereits operierte Ohr z. B. durch Hörsturz, Unfall oder Entzündung akut geschädigt wird. Dann hört der Patient auf beiden Seiten schlecht. Weil aber das bereits operierte Ohr durch das akute Ereignis irreparabel geschädigt ist, wird das zweite Ohr damit zur letzten Chance. Von vielen Operateuren wird die Operation des „letzten“, d. h. einzig hörenden Ohres wegen des immer bestehenden Restrisikos einer Ertaubung abgelehnt.

Um solche für den Patienten sehr belastende Situation zu vermeiden, wird eine regelmäßige Hörtestkontrolle in mindestens einjährigem Abstand empfohlen, um über den richtigen Zeitpunkt zur zweiten Operation zu entscheiden.

Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist das räumlich-plastische bzw. Richtungshören. Die Sprachverständlichkeit vor allem bei Umgebungslärm ist nur mit beiden Ohren möglich. Die damit verbundene größere Sicherheit im gesellschaftlichen Zusammenleben ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil, was vor allem im Alter eine besonders große Rolle spielt.

Nach der Operation des zweiten Ohres

Während der Heilung des zweiten Ohres ist das Empfinden für den Patienten häufig anders als nach der ersten Operation. Nach der Operation des ersten Ohres wird jeder kleine Schritt der Heilung vom Patienten deutlich als Wieder-Hören-Können empfunden. Nach der Operation des zweiten Ohres hingegen hat der Patient anfangs das Gefühl, dass sich das Gehör nicht so gut entwickelt. Das liegt daran, dass bei der Operation des zweiten Ohres bereits das erste die bessere Hörkraft hat. Dies überlagert die langsame Hörverbesserung des zweiten Ohres. Erst nach endgültiger Heilung hat der Patient das Erlebnis des plastischen, richtungsbezogenen Hörens.

Autor und Arzt, Dr. med. G. Schimanski, Mittelohrchirurgie, Lünen-Brambauer

Dr. med. G. Schimanski

Autor

Dr. med. G. Schimanski wurde 1946 in Hameln a. d. Weser geboren und ist nach dem Studium der Human- und Zahnmedizin in Münster und der Assistentenzeit in Dortmund seit 1978 Facharzt für HNOHeilkunde. Nach 5-jähriger Oberarzttätigkeit und Spezialausbildung in der Mittelohrchirurgie im Jung-Stilling-Krankenhaus in Siegen gründete er 1983 eine HNO-Praxis in Lünen- Brambauer. Gleichzeitig begann die operative Tätigkeit als HNO-Belegarzt im Krankenhaus Lünen-Brambauer (heute: Klinikum Westfalen, Klinik am Park) und der Aufbau des Zentrums für Mittelohrchirurgie. Bis heute wurden weit über 13.000 Ohr-Operationen durchgeführt. 2005 wurde Dr. Schimanski der „Hofmann- und Heermann-Preis“ durch die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, verliehen. Er hat eine Vielzahl von Fachpublikationen veröffentlicht.

Arzt, Dr. med. Esther Schimanski, Praxis HNO Lünen, mittelohr

Dr. med. Esther Schimanski

Leiterin der Mittelohrchirurgie

Dr. med. Esther Schimanski wurde 1974 in Münster/Westf. geboren. Sie studierte Humanmedizin in Greifswald und Kiel. Auslandssemester wurden in Knysna (Südafrika), in Malta und in Townsville (Australien) absolviert. Die Assistentenzeit erfolgte im Prosper Hospital Recklinghausen, in der HNO-Praxis Lünen- Brambauer (Zentrum für Mittelohrchirurgie) und im Städtischen Klinikum Solingen. Seit 2007 ist Frau Dr. Schimanski als Partnerin in der HNO-Gemeinschaftspraxis Lünen-Brambauer (Medizinisches Zentrum Klinikum Westfalen) mit Schwerpunkt in der Mittelohrchirurgie und seit 2014 als Leiterin auf diesem Spezialgebiet tätig.